Heizungsgeräusche bei Nacht: 7,5% Mietminderung

Die streitbefangene Wohnung wies einen Mangel auf, der ihre Gebrauchstauglichkeit zu dem vertragsmäßigen Gebrauch nicht nur unerheblich gemindert hat, § 537 Abs. 1 BGB. Denn die von der Heizungsanlage ausgehenden Emissionen gingen über ein noch hinzunehmendes Maß hinaus.
Zwar bewegten sich die Geräusche, die von der Heizung ausgingen, unstreitig noch unterhalb der Grenze von 30 dB (A), also innerhalb der DIN 4109, jedoch kommt es darauf nicht an. Denn die DIN 4109 gibt nicht Auskunft darüber, ob von der Heizungsanlage eine Störwirkung, insbes. eine Störung der Nachtruhe ausgeht. Für die Ermittlung der Störwirkung kommt es, wie der Sachverständige … dargelegt hat, u.a. darauf an, den Geräuschpegel, der von der Heizungsanlage ausgeht, mit dem normalen Hintergrundgeräusch zu vergleichen, dass zu jeder Zeit vorhanden ist und aus
Bürgerliches Recht608 Neue Justiz 11/2000 dem das Geräusch der Heizungsanlage während des Betriebszustandes »hervortritt«. Dabei ist zu berücksichtigen, dass dieser Grundgeräuschpegel nachts im Allgemeinen um etwa 3 dB niedriger liegt als tagsüber, da zur Nachtzeit bspw. weniger Verkehrslärm entsteht.
Im vorliegenden Fall haben sich die von der Heizungsanlage ausgehenden Geräusche, die im Schlafzimmer aufgrund des dort verlaufenden Leitungsschachtes besonders laut zu hören waren, nach Darlegung des Sachverständigen aufgrund ihrer Frequenzzusammensetzung auffällig von den Hintergrundgeräuschen abgesetzt. Dies war auch für einen durchschnittlichen Mieter deutlich hörbar.
Aufgrund seiner Messungen hat der Sachverständige für den Schlafraum tagsüber einen Ruhepegel von etwa 23 dB (A) ermittelt.
Nach seinen Erläuterungen ist für die Nachtzeit von einem Geräuschpegel unter 20 dB (A) auszugehen. Bei Betrieb der Heizung lag der Geräuschpegel im Schlafzimmer je nach Betriebsart bei 26,1, 27,4 bzw. 29,7 dB (A). Dies bedeutet bei vollem Betrieb der Heizungsanlage zur Nachtzeit eine Differenz zwischen Ruhegeräusch und Betriebsgeräusch von etwa 10 dB (A), wobei eine Erhöhung des Geräuschpegels um 10 dB (A) vom Menschen als Verdoppelung des Lärmpegels wahrgenommen wird. Dabei hat der Sachverständige weiter ausgeführt, dass bei den hier vorliegenden relativ niedrigen Schallpegeln bereits eine Erhöhung um etwa 3 bis 4 dB subjektiv deutlich stärker wahrgenommen wird, als bei höheren Geräuschpegeln.
Angesichts dieser Umstände ist von einer deutlichen Störwirkung der von der Heizung verursachten Geräusche auszugehen. Hinzu kommt, dass die Heizungsanlage, wie sich auch aus dem von den Bekl. Lärmprotokoll ergibt, nicht etwa im Dauerbetrieb durchläuft, sondern in relativ kurzen Abständen anspringt und wieder abschaltet. Gerade dieser ständige Wechsel des Geräuschpegels führt zu einem als besonders störend wahrgenommenen Kontrast. Bei einer plötzlichen Differenz des Geräuschpegels von 10 dB kann nach Bekunden des Sachverständigen von einer Störung des Schlafes ausgegangen werden. Bei wiederholtem Anspringen der Heizungsanlage während der Nacht ist von einer erheblichen Beeinträchtigung auszugehen. 2. Dieser Mangel berechtigt die Bekl. zur Minderung der Miete, wenn auch nicht in dem von ihnen vorgenommenen Maße. Die Bekl. durften die Nettokaltmiete nur um insges. 7,5% mindern.
Nach st.Rspr. der Kammer kommt es für das Maß der zulässigen Minderung auf den Anteil der Räume, in denen die Störung wahrzunehmen ist, an der Gesamtfläche an und darauf, wie lange diese Räume täglich genutzt werden.
a) Der als Schlafzimmer genutzte Raum hat eine Fläche von 15,13 m2. Bei einer Gesamtwohnfläche von 92,9 m2
bedeutet dies einen Anteil von 16,3%. Da der Raum aber nur zur Nachtzeit genutzt wird, also etwa im Zeitraum zwischen 22 und 6 Uhr, ist die Fläche des Schlafzimmers nur zu 1/3, also mit 5,5% anzusetzen.
b) Da die Geräusche auch im Arbeitszimmer als störend wahrzunehmen sind, können die Bekl. auch hierfür die Miete mindern. Dieses Zimmer hat eine Fläche von 11,1 m2, das entspricht 12% der Gesamtfläche. Auch beim Arbeitszimmer ist nur von einer Nutzung von etwa acht Stunden pro Tag auszugehen, so dass die Fläche wiederum nur mit 1/3, also 4%, anzusetzen ist. Hinzu kommt, dass das Arbeitszimmer ausschließlich tagsüber genutzt wird, also zu Zeiten,
zu denen der Hintergrundpegel höher liegt, das Heizungsgeräusch also nicht derart störend wahrgenommen wird, wie in der Nacht. Daher ist die Minderung hier auch nur halb so hoch anzusetzen, wie im Schlafzimmer. Hinsichtlich des Arbeitszimmers sind die Bekl. demnach zu einer Minderung der Nettokaltmiete von 2% berechtigt, so dass sich eine Gesamtminderung der Nettokaltmiete von 7,5% ergibt.
LG Berlin, Urteil vom 4. April 2000 – 64 S 485/99