Lohnpfändung – wie rechne ich richtig!

In der Zeit einer Krise steigt die Zahl der Lohnpfändungen wieder an. Da kann es auch Ihnen schnell passieren, dass plötzlich ein Pfändungsbeschluss bei Ihnen als Arbeitgeber auf den Tisch kommt. Und für die Lohnbuchhaltung heißt es nun richtig zu rechnen, denn jeder Rechenfehler kann zu Ihren Lasten gehen.

Als ERSTES  müssen Sie das pfändbare Arbeitseinkommen Ihres Mitarbeiters ermitteln. Zum Arbeitseinkommen gehören alle nach § 850 ZPO in Geld zahlbaren Lohnbestandteile, die Ihrem Mitarbeiter aus dem Arbeitsverhältnis zustehen. Auf die genaue Bezeichnung kommt es dabei nicht an. Zu den Lohnbestandteilen gehören beispielsweise

  • alle Einnahmen, deren Grundlage jetzige oder frühere Arbeitsleistungen waren,
  • Akkordlöhne, Zeitlöhne,
  • Provisionen und Gewinnbeteiligungen sowie Gratifikationen,
  • Entgelt für Bereitschaftsdienste oder Rufbereitschaft,
  • Erfolgsbeteiligungen und Prämien,
  • rückständiger Lohn oder Nachzahlungen auf Grund von Lohnerhöhungen,
  • Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall,
  • Sozialplanabfindungen und andere Abfindungen,
  • Übergangsgelder,
  • Urlaubsabgeltung wegen Ausscheidens aus dem Betrieb,
  • außertarifliche oder tarifliche Zulagen sowie Zuschläge. Beispiel: So berechnen Sie das Bruttoarbeitsentgelt
  • Nun müssen Sie das Nettoarbeitsentgelt Ihres Mitarbeiters ermitteln. Denn nur das Nettoeinkommen ist pfändbar und nicht etwa bereits das Bruttoarbeitsentgelt. Hierbei sind zunächst die vermögenswirksamen Leistungen und etwaige Beiträge zur betrieblichen Altersversorgung Ihres Mitarbeiters abzuziehen. Der Bruttoarbeitslohn ist die maßgebliche Größe, von der Sie diese vermögenswirksamen Leistungen abziehen müssen. Völlig unpfändbar und damit ebenfalls vom Bruttoarbeitsentgelt abzuziehen sind folgende in § 850a ZPO aufgeführten Bezüge:

  • Lohn- und Kirchensteuer (§ 850e Nr. 1 ZPO)
  • Solidaritätszuschlag (§ 850e Nr. 1 ZPO)
  • Sozialversicherungsbeiträge Ihres Mitarbeiters (§ 850 Nr. 1 ZPO)
  • 50 % der für die Leistungen von Mehrarbeitsstunden gezahlten Teile des Arbeitseinkommens
  • Bei den Mehrarbeitsvergütungen ist nicht nur der Zuschlag, sondern der gesamte für die Überstunden gezahlte Lohn zur Hälfte unpfändbar ( § 850a Nr. 1 ZPO)
  • Urlaubsgeld, also das für die Dauer eines Urlaubs über das Arbeitseinkommen hinaus gewährte Entgelt, Urlaubszuschuss (§ 850a Nr. 2 ZPO)
  • Zuwendungen aus Anlass eines besonderen Betriebsereignisses (Betriebsjubiläum) und Treuegelder, soweit sie den Rahmen des Üblichen nicht übersteigen (§ 850a Nr. 2 ZPO)
  • Aufwandsentschädigungen, also Aufwendungsersatz für Fahrtkosten, Reisekosten, Verpflegungsmehraufwand oder Übernachtungskosten, Auslösungsgelder und soziale Zulagen für auswärtige Beschäftigungen (§ 850a Nr. 3 ZPO)
  • Das Entgelt für selbst gestelltes Arbeitsmaterial, Gefahrenzulagen sowie Schmutz- und Erschwerniszulagen (§ 850a Nr. 3 ZPO)
  • Tage- und Übernachtungsgelder in einer Höhe, wie sie die Lohnsteuer-Richtlinien als steuerfreie Pauschalbeträge anerkennen
  • Weihnachtsvergütungen bis zur Hälfte des monatlichen Arbeitseinkommens, höchstens aber bis zum Betrag von 500 € (§ 850a Nr. 4 ZPO)
  • Heirats- und Geburtsbeihilfen, sofern die Vollstreckung wegen anderer als der aus Anlass der Heirat oder der Geburt entstandenen Ansprüche betrieben wird (§ 850a Nr. 5 ZPO)
  • Erziehungsgelder, Studienbeihilfen und ähnliche Bezüge (§ 850a Nr. 6 ZPO)
  • Sterbe- und Gnadenbezüge aus Arbeits- oder Dienstverhältnissen (§ 850a Nr. 7 ZPO)
  • Blindenzulagen (§ 850a Nr. 8 ZPO)
  • Elterngeld nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG)
  • Beiträge, die Sie als Arbeitgeber zur betrieblichen Altersversorgung an eine Pensionskasse zahlen (§ 850 Absatz 2 ZPO).
  • Beachten SIE, das die gesetzlichen Abzüge, also Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge stets vom vollen Bruttolohn vorzunehmen sind. Die pfändungsfreien Beträge sind also immer Nettobeträge. Naturalleistungen, das heißt Sachbezüge, die für Arbeitsleistungen von Ihnen geschuldet werden, sind durchweg unpfändbar. Erhält Ihr Mitarbeiter neben seinen Bezügen auch Naturalleistungen, wie Verpflegung,, freie oder verbilligte Wohnung, Dienst- oder Arbeitskleidung, unentgeltlichen oder verbilligten Warenbezug, so sind die Geld- und Naturalbezüge zusammenzurechnen. Der in Geld zahlbare Betrag ist dann insoweit pfändbar, als der nach § 850c ZPO unpfändbare Teil des Gesamteinkommens durch den Wert der dem Mitarbeiter verbleibenden Naturalbezüge gedeckt ist. Hier handelt es sich um eine wertmäßige Zusammenrechnung der Geld- und Naturalbezüge, nicht auch um eine gleichzeitige Pfändung der Letzteren. Als Arbeitgeber müssen Sie diese Zusammenrechnung auch ohne besondere Anordnung des Vollstreckungsgerichts durchführen. Als Arbeitgeber trifft Sie gegenüber Ihrem Mitarbeiter keine Belehrungspflicht. So müssen Sie beispielsweise Ihre Mitarbeiter nicht über die Möglichkeiten des Vollstreckungsschutzes nach § 850i ZPO informieren (BAG, Urteil vom 13.11.1991, Az. 4 AZR 20/91).

    Jetzt müssen Sie als Arbeitgeber den pfändungsfreien Betrag des Nettoeinkommens Ihres Mitarbeiters ermitteln. Hierbei nimmt Ihnen die amtliche Lohnpfändungstabelle viel Arbeit ab. Diese amtliche Lohnpfändungstabelle stellt auf monatliche, wöchentliche undtägliche Lohnzahlungszeiträume ab. Sie nennt Ihnen die pfändbaren Einkommensbeträge für einen Mitarbeiter mit und ohne gesetzliche Unterhaltspflichten. Gerade die Berücksichtigung von unterhaltsberechtigten Personen spielt in der betrieblichen Praxis eine wichtige Rolle. Hier passieren auch die häufigsten Fehler. Unterhaltsberechtigte sind mit bis zu 5 Personen in der Berechnung von Ihnen zu berücksichtigen. Das sind

  • der Ehegatte, auch der geschiedene Ehegatte, oder der Lebenspartner in einer gesetzlich anerkannten Lebenspartnerschaft,
  • Verwandte in gerader Linie, also Kinder, Enkel, Eltern, Großeltern sowie eigene, nicht eheliche Kinder,
  • die Mutter des nicht ehelichen Kindes nach Geburt des Kindes.
  • Verlassen Sie sich nicht nur auf die Eintragungen auf der Lohnsteuerkarte Ihres Mitarbeiters. Als Arbeitgeber sollten Sie Ihren Mitarbeiter direkt befragen, ob er tatsächlich unterhaltsberechtigten Personen Unterhalt zahlt. Im Zweifel sollten Sie sich die Unterhaltsleistungen schriftlich von ihm bestätigen lassen, um nicht später eine böse und teure Überraschung zu erleben. Die Pfändungsgrenzen sind in § 850c ZPO geregelt Dieses Regelwerk ist nicht ganz einfach zu verstehen, es wird aber vorausgesetzt, dass Sie als Arbeitgeber jede Besonderheit kennen und in Ihre Berechnung des pfändbaren Nettoeinkommens Ihres Mitarbeiters einbeziehen. Fehler, die dabei auftreten können, gehen zu Ihren Lasten als Arbeitgeber. Wenn Sie den pfändbaren Teil des Nettoarbeitseinkommens Ihres Mitarbeiters ermittelt haben, müssen Sie den so ermittelten Betrag an den Gläubiger Ihres Mitarbeiters auszahlen. Ihr Mitarbeiter erhält nur noch den unpfändbaren Betrag seines Nettolohns ausgezahlt. Mehrere Pfändungen: Wer zuerst kommt, kassiert zuerst In der betrieblichen Praxis zeigt es sich immer wieder, dass dann, wenn Ihr Mitarbeiter in der Schuldenfalle sitzt, nicht nur ein Gläubiger, sondern gleichzeitig mehrere Gläubiger bei Ihnen das Einkommen Ihres Mitarbeiters pfänden wollen. Beim Zusammentreffen mehrerer normaler Pfändungen ist von Ihnen also der Gläubiger zuerst zu befriedigen, dessen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zuerst bei Ihnen eingeht. Deshalb ist es umso wichtiger, dass Sie darauf achten, dass auf jedem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, der Ihnen zugestellt wird,

  • das genaue Datum und
  • die genaue Uhrzeit
  • vermerkt werden. Wenn eine normale Pfändung und eine Pfändung eines Unterhaltsberechtigten bei Ihnen eingehen, sieht die Situation anders aus. Ihrem Mitarbeiter verbleibt hier nur der Sockelbetrag. Zunächst wird für die normale Pfändung der pfändbare Betrag ermittelt und ausbezahlt. An der zeitlichen Reihenfolge ändert auch die spätere Zustellung einer Pfändung durch einen Unterhaltsberechtigten nichts. Danach erhalten die Unterhaltsgläubiger die Beträge, auf die der normale Gläubiger nicht zugreifen kann.


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