BGH lässt US Broker für deutschen Anleger haften

Eine US-amerikanische Brokerfirma haftet einer deutschen Anlegerin auf Schadenersatz, weil sie sich an dem sittenwidrigen Geschäftsmodell eines in Deutschland ansässigen Terminoptionsvermittlers beteiligt hat. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden. Die Anlegerin hatte bei Optionsgeschäften an US-amerikanischen Börsen Verluste gemacht.

Die beklagte Brokerfirma aus New Jersey stand mit dem Terminoptionsvermittler in vertraglichen Beziehungen. Danach durfte der Vermittler gegen Entgelt über die Brokerfirma für von ihm angeworbene Kunden Termingeschäfte an amerikanischen Terminmärkten durchführen. Die klagende Anlegerin schloss mit dem Vermittler einen Geschäftsbesorgungsvertrag über die Durchführung von Börsentermingeschäften. Danach fielen für die Tätigkeit des Vermittlers und der beklagten Firma umfangreiche Gebühren und Gewinnbeteiligungen an. Die Klägerin beantragte mittels eines Vertragsformulars, das ihr der Vermittler vorgelegt hatte, bei der Beklagten die Einrichtung eines Einzelkontos. Auf dieses zahlte sie 6.000 Euro ein. In der Folgezeit tätigte der Vermittler zahlreiche Geschäfte für die Klägerin. Die Orders nebst den Provisionen gab er dabei in die Online-Plattform ein, die die Beklagte ihm zur Verfügung gestellt hatte. Auf der Plattform wurden die Transaktionen ohne Kontrolle der Beklagten vollautomatisch durchgeführt. Nach Beendigung der Geschäftsbeziehung mit dem Vermittler erhielt die Klägerin 205 Euro zurück. Die Differenz zum eingezahlten Kapital nebst Zinsen sowie vorgerichtliche Kosten machte sie vor Gericht geltend. Die Klage hatte bis auf einen Teil der geltend gemachten Zinsen Erfolg.

Die Beklagte sei der Klägerin wegen Beteiligung an einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung, die der Vermittler begangen habe, schadenersatzpflichtig, führte der BGH aus. Der Vermittler habe die Klägerin vorsätzlich sittenwidrig geschädigt, weil er für sie Termingeschäfte ausgeführt habe, die aufgrund der Gebührenstruktur von vornherein praktisch chancenlos gewesen seien. Das Geschäftsmodell sei auf die Ausnutzung des Gewinnstrebens und Leichtsinns uninformierter und leichtgläubiger Geschäftspartner ausgerichtet gewesen. An diesem habe sich die Beklagte dadurch beteiligt, dass sie dem Vermittler über ihr automatisches Online-System einen Zugang zur New Yorker Börse ermöglicht habe, den sie nicht kontrolliert habe. Nach Ansicht des BGH nahm sie dabei zumindest billigend in Kauf, dass der Vermittler die Klägerin zu von vornherein chancenlosen Börsentermingeschäften veranlasst hat.

Der BGH warf der Brokerfirma vor allem vor, dass sie das Geschäftsmodell des Vermittlers nicht vorab geprüft habe. Sie habe ihm den Zugang zu ihrem vollautomatischen Online-System von vornherein ohne alle Kontrollmaßnahmen eröffnet. Durch diese Vertragsgestaltung habe sie ihm zu erkennen gegeben, dass sie ihn bei der Ausführung der Transaktionen «schalten und walten» lassen werde. Dass die Beklagte den Vermittler auf seine aufsichtsrechtliche Zulassung sowie auf etwaige gegen ihn gerichtete aufsichtsrechtliche Verfahren überprüft habe, reiche nicht aus.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 09.03.2010, XI ZR 93/09


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