Pseudologie

Sie schmücken sich mit falschen Doktortiteln, erfinden Krankheiten oder Schicksale. „Pseudologen“ heißen Menschen, die zwanghaft lügen. Die genaue Zahl der Pseudologen in Deutschland ist nicht bekannt.

Ich hatte persönlich die nachhaltige Erfahrung mit und von einem Pseudologen.

Er hatte den Namen Max, gehörte zu den reicheren Männern und hatte laufend mit den tollsten und bekanntesten Frauen Affären und hatte natürlich auch einen Doktortitel.

Der Erfolg, das Geld und die Frauen ( Richterinnen, Staatsanwältinnen, Praktikantinnen, Vorstandsfrauen, usw. ) flogen ihm regelrecht zu.
Er unterstrich dies mittels Top-Autos, die er fuhr. Lamborghini, Porsche, Bentley; darunter tat er es nicht. Bei der Marke Mercedes war es der SLR. Den bestellte er mal locker in meiner Anwesenheit.

Manches mal kamen Zweifel, aber diese wurde perfekt weggewischt.

Dann wurde überzogen….!

Erst hatte seine Freundin, die Richterin, nachdem er ein Verhältnis mit deren Schwester angefangen hatte, einen Unfalls mit einem SLR, als dieser von einem Müllwagen überfahren wurde. Dann wurde seine Bankpraktikantin schwanger und plötzlich gestand ein Bankdirektor, Vater des Kindes zu sein und nicht er selbst.

Ein paar 100, vielleicht ein paar 1000 Menschen in Deutschland können das Lügen nicht lassen. Pseudologen geben sich als spanische Adelige und Schweizer Doktoren aus, behaupten Opfer von Gewaltverbrechen oder schwerer Krankheit zu sein. Sie täuschen Behörden und Familienangehörige. Notorisch. Und doch wirken sie oft ungeheuer glaubhaft. Werden Pseudologen ertappt, räumen sie den Schwindel freimütig ein, Reue empfinden sie meist nicht.

Im meinem Fall tat der Pseudologe dieses nicht. Schließlich war er doch nur einer, der von der Sozialhilfe lebte, sich als Hochstapler und Heiratschwindler bares in die Tasche log, und Morddrohungen aussprach die alles was nicht seinen Lügen entsprach, wegwischte.

Nur! Er tischte jedem eine andere Geschichte auf. Viele Dinge erzählte er anderen Personen ebenso, aber die in New York überfahrene lebte dann in anderen Lügengeschichten weiter.

Der Grund für die zwanghafte Hochstapelei ist eine narzisstische Persönlichkeitsstörung. Pseudologen fliehen aus einer Wirklichkeit, mit der sie nicht fertig werden. Viele litten an traumatischen Kindheitserfahrungen. Auch um das Selbstwertgefühl zu erhöhen, diene ihnen die Lüge. Die Betroffenen machen sich selbst etwas vor.

Nun sind sie verheddert im Netz der Unwahrheit!

In meinem Fall brauchte er natürlich ständig Geld, denn bei Eheversprechen und anderen Gelegenheiten mußte er schließlich auftrumpfen. Also vermietete er seine Sozialwohnung gleich mehrfach weiter und kassierte erste Anzahlungen. Peanuts aber immerhin, er war nur ein kleiner Betrüger.

Die Pseudologia phantastica ist bislang wenig erforscht. Es gibt Hinweise darauf, dass Betroffene überdurchschnittlich oft an Hirnschäden leiden. Zugleich sind die meisten auffallend kreativ, wenn sie ihre Geschichten erfinden. Die Störung tritt häufig in der Kindheit erstmals auf, Männer sind ebenso oft betroffen wie Frauen. In vielen Fällen geht das pathologische Lügen mit anderen psychischen Erkrankungen einher. Ein großer Teil der Patienten etwa leidet am „Münchhausen Syndrom“, einer psychischen Störung, bei der die Betroffenen zwanghaft Krankheiten erfinden oder sich verletzen, um die Zuwendung eines Arztes zu erhalten. Behandelt wird die Pseudologia phantastica mit Verhaltens- und tiefenpsychologischen Therapien.

Das Problem ist ähnlich wie bei Trinkern die negieren mit dem Alkohol ein Problem zu haben. In Therapie begeben sich die meisten Pseudologen erst, wenn sie sich so sehr verstrickt haben in ihr Netz aus Geschichten, dass sie straucheln, wenn die Konflikte in der Familie überhand nehmen oder die Betroffenen mit dem Gesetzt in Konflikt geraten.

In meinem Falle ist der Kandidat wohl immer noch unterwegs anderen seine Lügen aufzutischen.

Obwohl der seinen Dr. Titel nicht hatte, den SRL bestellte, den Porsche bereits zugelassen bekam ( ohne zu bezahlen ) und als polizeibekannter Betrüger nach der Doppelvermietung „einkassiert“ wurde, ließ der Richter ihn – trotz einschlägigen Vorstrafen – wieder auf freien Fuß, denn er versprach ja, den Schaden wieder gutzumachen.

Als ich ihn am ersten Tag seiner Freilassung wiedertraf, lautete die erste Frage nach der Telefonnummer des Porschehändlers….

Dem kann nicht geholfen werden.

Anderen schon, denn es gibt erfolgversprechende Therapien!


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