Ein Wohnungseigentümer, der einer baulichen Maßnahme gem. § 22 Abs. 1 WEG nicht zustimmt, ist von den damit verbundenen Kosten befreit. Dabei kommt es nicht darauf an, ob seine Zustimmung erforderlich war oder nicht.
Ein Wohnungseigentümer wendet sich mit einer Anfechtungsklage gegen eine Jahresabrechnung, in der er mit Kosten für eine bauliche Veränderung belastet wird.
Die Eigentümer hatten im November 2007 beschlossen, das gemeinschaftliche Schwimmbad zu sanieren. Zusätzlich sollte dieses um einen Ruheraum erweitert werden. Zur Finanzierung wurde eine nach Miteigentumsanteilen bemessene Sonderumlage beschlossen. Der nun klagende Eigentümer stimmte diesen Beschlüssen nicht zu.
Der BGH gibt der Anfechtungsklage statt. Der Eigentümer muss sich nach § 16 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 2 WEG nicht an den Kosten für die Schwimmbaderweiterung beteiligen.
Eine Kostenbefreiung nach § 16 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 2 WEG setzt voraus, dass die Schwimmbaderweiterung eine bauliche Veränderung gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG ist. § 16 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 2 WEG ist nämlich weder auf Maßnahmen der ordnungsgemäßen Instandsetzung und Instandhaltung gemäß § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG (BGH, Urteil v. 13.5.2011, V ZR 202/10) noch auf Maßnahmen gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 WEG (Modernisierung bzw. Anpassung an den Stand der Technik) anwendbar. Die Erweiterung des Schwimmbads war hier als eine solche bauliche Veränderung gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG einzustufen.
Nach Auffassung des BGH hängt die Kostenbefreiung aber nicht davon ab, ob die Zustimmung des Wohnungseigentümers zu der Maßnahme gemäß § 22 Abs. 1 i. V. m. § 14 Nr. 1 WEG erforderlich war oder nicht. Maßgeblich ist nur, dass der Wohnungseigentümer einer Maßnahme nach § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG nicht zugestimmt hat, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob er über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt wird oder nicht.
Eine Differenzierung, ob ein Eigentümer zustimmungspflichtig ist oder nicht, hätte aber zur Folge, dass ein Wohnungseigentümer, der besonders beeinträchtigt wird, durch einen rechtswidrigen Beschluss Kostennachteile hinnehmen müsste.
Für die Anwendung von § 16 Abs. 6 Satz 1 WEG ohne Differenzierung spricht auch, dass es dann nicht auf die oft schwierig zu beantwortende Frage ankommt, ob ein Wohnungseigentümer über das Maß des § 14 Nr. 1 WEG hinaus beeinträchtigt wird. Auch muss dann der Beschluss über die bauliche Maßnahme nicht allein im Hinblick auf die Kostenfolge angefochten werden.
Schließlich ist zu bedenken, dass § 16 Abs. 6 Satz 1 WEG einen begrenzten Anwendungsbereich hat, weil sich die Norm allein auf bauliche Veränderungen gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG bezieht.
(BGH, Urteil v. 11.11.2011, V ZR 65/11)