Sperrzeitverlängerung für Gaststätten erfolgreich

Der Eilantrag gegen Sperrzeitverlängerung für Gaststätten im Landkreis Marburg-Biedenkopf erfolgreich.

Mit Beschluss vom 23.10.2020 hat die 8. Kammer einem gegen die Allgemeinverfügung des Landkreises Marburg-Biedenkopf zur Sperrzeitverlängerung für das Gaststättengewerbe gerichteten Eilantrag stattgegeben.

Der Landkreis Marburg Biedenkopf hatte mit Allgemeinverfügung vom 19.10.2020 den Beginn der Sperrzeit im gesamten Landkreis Marburg-Biedenkopf für das Gaststättengewerbe sowie für öffentliche Vergnügungsstätten auf 23:00 Uhr festgesetzt. Zur Begründung führte der Landkreis an, im Zusammenhang mit der derzeitigen durch das Coronavirus bedingten Pandemielage habe sich die Infektionslage innerhalb des Landkreises Marburg-Biedenkopf nachteilig entwickelt, so dass besondere Maßnahmen zur Eindämmung der weiteren Ausbreitung erforderlich seien.

Die Antragstellerin, die ein Lokal in der Marburger Innenstadt betreibt, ist der Auffassung, die Allgemeinverfügung greife unverhältnismäßig und damit in rechtswidriger Weise in ihr Recht auf freie Gewerbeausübung sowie ihre Berufsfreiheit ein.

Anders als in dem Eilverfahren gegen die Allgemeinverfügung des Landkreises Gießen zur Sperrzeitverlängerung (siehe Presseinformation vom 16.10.2020), in dem lediglich eine Interessenabwägung erfolgen konnte, war in dem hiesigen Verfahren die Rechtmäßigkeit der Allgemeinverfügung Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung. Hierbei kam die 8. Kammer zu dem Ergebnis, dass unter Berücksichtigung der vom Landkreis Marburg-Biedenkopf angeführten Erwägungen die Vorverlegung des Beginns der Sperrzeit auf 23:00 Uhr weder erforderlich noch angemessen und die Verfügung deshalb nicht verhältnismäßig, sondern rechtswidrig sei.

Das Risiko einer alkoholbedingten Beeinträchtigung der Disziplin hinsichtlich der Einhaltung von Hygiene- und Abstandsmaßnahmen sei bereits durch ein ebenfalls verfügtes Alkoholverbot als milderes Mittel abgedeckt. Auch setze sich die Allgemeinverfügung nicht mit der Frage auseinander, ob beispielsweise die Außengastronomie von der Sperrzeitverlängerung ausgenommen werden könne. Darüber hinaus sei die Sperrzeitverlängerung aber auch nicht verhältnismäßig, weil die Regelung in nicht gerechtfertigter Weise in die Berufsfreiheit der Antragstellerin eingreife. Hier sei zu berücksichtigen, dass nach den durch das Robert-Koch-Institut aufbereiteten Daten das Infektionsumfeld „Gaststätte/Restaurant“ im Verhältnis zu anderen Infektionsbereichen wie dem privaten Haushalt, Alten- und Pflegeheimen, Krankenhäusern und dem Arbeitsplatz von untergeordneter Bedeutung sei.

Die Entscheidung (Beschluss vom 22.10.2020, Az.: 8 L 3610/20.GI) ist noch nicht rechtskräftig. Die Beteiligten können dagegen binnen zwei Wochen Beschwerde beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel einlegen.

Quelle
Presseinformation VG Gießen vom 22.10.2020
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