Reisebüro ist kein Reiseveranstalter

Ein Reisebüro ist in der Regel nicht als Reiseveranstalter zu qualifizieren, sondern lediglich als Reisevermittler. Dies gilt nach einem Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) auch dann, wenn das Reisebüro einem Kunden dessen Wunsch entsprechend mehrere zeitlich und örtlich aufeinander abgestimmte Reiseleistungen anbietet.

Die Klägerin nahm an einer kombinierten Flug- und Schiffsreise mit zwei Hotelaufenthalten auf Jamaika teil, die sie sich in einem Reisebüro hatte individuell zusammenstellen lassen. Bei der Reise wurde auf dem Hinflug ihr Koffer nicht mitbefördert. Die Klägerin bekam ihn erst nach Abschluss der Schiffreise wieder. Sie meint, dies berechtige sie gegenüber dem Reisebüro zu einer Minderung des Reisepreises. Dieses müsse ihr außerdem Schadenersatz wegen mangelbedingter Mehrkosten für die Reise sowie Entschädigung für nutzlos aufgewendete Urlaubszeit leisten.

Das Amtsgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Das Berufungsgericht hat sie abgewiesen. Es hat angenommen, dass zwischen der Klägerin und der Beklagten kein Reisevertrag, sondern lediglich ein Reisevermittlungsvertrag zustande gekommen sei. Das Reisebüro sei nicht als Reiseveranstalter Vertragspartner eines aus mehreren Reiseleistungen zusammengesetzten Reisevertrags geworden. Denn es habe lediglich die Reiseleistungen anderer Anbieter für einen Vertragsschluss angeboten und sei hierbei erkennbar nur vermittelnd tätig geworden.

Der BGH hat diese Ansicht bestätigt. Es gebe weder einen Erfahrungssatz noch eine gesetzliche Auslegungsregel, wonach ein Reisebüro, das einzelne Reiseleistungen verschiedener Leistungserbringer zu einer individuellen, auf die Wünsche des Kunden zugeschnittenen Reise zusammenstelle, zwangsläufig als Reiseveranstalter anzusehen sei. Ein Reisebüro übernehme in der Regel typischerweise lediglich die Tätigkeit eines Vermittlers von Reiseleistungen. Allein aus dem Angebot mehrerer zeitlich und örtlich aufeinander abgestimmter Reiseleistungen auf Wunsch des Kunden könne nicht geschlossen werden, dass das Reisebüro dem Kunden gegenüber wie ein Reiseveranstalter die Verantwortung für die ordnungsgemäße Durchführung der einzelnen Reiseleistungen übernehme. Etwas anderes ergebe sich auch nicht unter Beachtung europäischen Rechts.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 30.09.2010, Xa ZR 130/08


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